Das Rudel besteht aus schlauen, fleißigen Geparden mit einer lösungsorientierten Arbeitsweise, wo gemeinsam “angepackt” wird. So war und ist meine Einschätzung, wie ich 2022 zu Gepardec gestoßen bin. Was auch schnell offensichtlich wurde, ist, dass die Geparden eine große Leidenschaft für Technik haben (das trifft sich gut bei einem IT-Dienstleister) und diese – neben den Kundenprojekten – gerne in internen Projekten ausleben (Stichwort “Learning Friday”). Für klassisches IT-Dienstleistungsgeschäft bei Bestandskunden:innen funktioniert die Herangehensweise brillant und hat Gepardec eine Erfolgsgeschichte beschert. Wenn man aber wachsen und neue Services und Offerings anbieten möchte, benötigt es einen stärkeren Fokus auf die Kund:innen und dessen Bedürfnisse. Nachdem eine Änderung im Mindset am besten durch “Learning-by-Doing” funktioniert, haben wir mit zwei Teams (acht freiwillige und mutige 🐆) ein Innovation-Bootcamp durchgeführt. Dabei haben wir uns mit zwei konkreten Themen beschäftigt, die bei uns herum waberten und wir nicht so recht wussten, was wir damit tun können. Bootcamp heißt gemeinsame Workshop-Sessions mit Theorie-Input, abwechselnd mit Teamarbeit. Anschließend Arbeit in den Gruppen (Interviews durchführen, recherchieren, ausarbeiten etc.) mit regelmäßigen Check-ins und für die wichtigen Abschnitte im Prozess wieder Workshop-Session. Zum Schluss gab es eine Präsentation der Ergebnisse und Learnings vor unserer Weihnachtsfeier, sowie ein klares weiteres Vorgehen für beide Themen. Wesentliche Methoden und Leitfäden waren der Double-Diamond und der Sweet-Spot-Of-Innovation.
- Learning Friday
Wie macht man aus zahmen Technik-begeisterten Geparden, hungrige kundenzentrierte Raubtiere?
Das Gepardec Innovation-Bootcamp: wie macht man aus zahmen Technik-begeisterten Geparden, hungrige kundenzentrierte Raubtiere? Und was lernt man dabei?
Der Prozess
Gestartet sind wir im Mai und die beiden Themen waren technische Ideen oder Themenfelder, die wir forcieren wollten, uns aber in Wirklichkeit nicht klar war, welche Kund:innen das in welcher Form benötigen und wie ein Offering genau aussehen kann. Einerseits perfekt Cases (weil typisch für uns), auf der anderen Seite gemäß der Innovationslehre und dem kundenzentrierten Ansatz, war man eigentlich schon wieder zu weit (“Solution Space” statt “Problem Space”). Entsprechend hat es für uns gemäß dem klassischen Double-Diamond des Design Thinking geheissen: zurück zum Start und ab in den Problem Space:
- Problemdefinition: Was ist eigentlich unsere Fragestellung? Wollen wir eine Brücke bauen oder den Kund:innen dabei helfen, den Fluss zu überqueren? (Bedürfnisse statt fertige Lösungen)
- Understand & Explore: Was sind die “Pains” und “Gains” der Unternehmen draußen? Wie werden die Probleme aktuell gelöst? Wer sind Anbieter:innen und potenzielle Partner:innen?
- Synthese: Was haben wir für Insights? Welche Muster können wir erkennen, welche Hypothesen ableiten und welche “How-Might-We”-Frage lässt sich daraus ableiten?
Dieser Part hat bei uns schon mal ziemlich lange gedauert und damit kommen wir zum ersten großen Learning: gerade wenn man es nicht gewohnt ist, tut man sich mit dem Organisieren und Durchführen von Kund:innen-Interviews (im Innovationssprech “Empathe-Interviews”) gar nicht so leicht, vor allem, wenn stets das Projektgeschäft ruft. So haben wir einerseits viele Wochen mehr als geplant gebraucht und andererseits immer wieder neu anstoßen und gemeinsam Ideen entwickeln müssen. Oder der eine oder andere lernen müssen, aus der Komfortzone herauszugehen😛
Im Herbst hatten wir dann schließlich genügend Interviews und Rechercheergebnisse, um im Solution Space fortzufahren:
- Ideate: Basierend auf der „How-Might-We?“- Frage Ideen kreieren (hier kommt endlich der kreative Part). Anschließende Priorisierung und Ausarbeitung der relevantesten Idee
- Build und Test: Entwicklung eines ersten Prototyps und vertesten dessen
Was waren die zusammengefassten Ergebnisse für die beiden Themen?
- Thema Observability (von Applikationen): wir haben viel gelernt und den Markt besser verstanden. Wir sehen, dass die Kund:innen das Thema interessant finden. Wir sehen aber zu wenig klaren Fokus und vor allem scheint das Thema oft etwas “Zwischen den Stühlen” zu hängen. D.h. es finden sich schwer Personen, die sich dem Thema voll annehmen und hier etwas aufbauen möchten oder können. Wir glauben, dass wir es in unseren Kundenprojekten gut mit einfließen lassen können. Aber nicht, dass sich ein dediziertes Angebot zu dem Thema aktuell auszahlt.
Aus Innovationssicht sehr wertvolle Learnings und hat uns nun davor gerettet, weitere Ressourcen auf das Thema zu setzen. Wir bleiben also bei diesem Thema im “Observe”-Modus, werden kein Offering entwickeln, es aber in unserem Mitdenken einbeziehen.
- Thema SSO (Single-Sign-On): auch hier haben wir viel über den Markt gelernt, hatte einmal mitten in der Ideation-Phase die Erkenntnis, dass wir uns vielleicht doch die falsche (How-Might-We) Frage stellen und sind dann nochmal zurück. Mit der angepassten (How-Might-We)-Frage haben wir dann ein prototypisches Konzept entwickelt, um die User Experience für den Customer Service mit einer konkreten Erleichterung zu verbessern. Im nächsten Schritt wird das Konzept mit potenziellen Kund:innen vertestet und weiter adaptiert. Wir sehen, dass das Interesse an den Themen SSO und Keycloak weiter stark zunehmen wird und werden diese deswegen weiter verfolgen. Zudem haben wir gemeinsam mit unserem Partner RedHat die “Keycloack User Group Austria” in’s Leben gerufen und werden 2024 mit den ersten Veranstaltungen und Aktionen starten.
Was haben wir gelernt?
- Für den “zahmen” Geparden ist die Organisation von Kundeninterviews sehr mühsam, oder wie es ein Kollege formuliert hat “Klinken putzen ist nicht mein’s” und “ Ich weiss nicht, ob ich hier mein Netzwerk strapazieren soll/will”
- Die Erkenntnis, wie wichtig Follow-up Anfragen sind (1x genügt nicht)
- Neben dem Projektgeschäft ist es oft sehr schwer den Fokus zu finden
- Interviews plant man zwar mit einem groben Gesprächsleitfaden und Leitfragen, der tatsächliche Ablauf ist dann aber nie wirklich planbar. Kommentar vom Autor: „und das ist auch gut so :)“
- Wir haben natürlich viel zu den beiden Themenbereichen gelernt, hatten viele Aha-Momente und neue Erkenntnisse. Wir haben den Markt, die Player und vor allem die Kund:innen viel besser verstanden.
- Fast noch wichtiger für mich aber war, dass acht Geparden gelernt haben, was es heisst, kundenzentriert vorzugehen und zu denken:
- “Das kundenzentriere Innovation Mindset ist bei allen Teilnehmern angekommen, und das kann langfristig viel Nutzen bringen”
- “Das Scheitern und wieder zurück an den Start war super” bzw. “Die Erkenntnis, dass Innovation nicht geradlinig ist und zudem auch mal der Rückwärtsgang eingelegt werden muss”
- “Unerwartete Ideen generieren, anstatt auf technologische Änderungen zu reagieren ist erfrischend”
- “Toll und anstrengend fand ich die Interviews. Wobei die Aufteilung in Schreiber und Interviewer wichtig ist. Der Interviewer kann dann auch zwischen den Zeilen lesen”
- “Die Kund:innen sind offen, und plaudern gerne über ihre Arbeit und Probleme. Man kann sie einfach fragen”
- “Ich habe seitdem einen Postit am Monitor: PROBLEM SPACE”
Ausblick
Es war für uns ein wertvoller und wichtiger erster Schritt. Nun liegt es an jedem von uns, dieses Mindset weiter in die Organisation zu tragen, um den kundenzentrierten Hunger weiter zu verbreiten 😁