Weiterbildung mit Kundennutzen
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Wie funktioniert Weiterbildung mit Kundennutzen?

Der Artikel spiegelt meine persönliche Vorgehensweise wider und hat keinerlei Anspruch auf Ganzheitlichkeit. Er soll ebenso wenig als Schritt für Schritt Anleitung oder Guide dienen, sondern lediglich die Prinzipien darlegen, welche eine Learning Journey, die dem Kunden und einem selbst etwas bringt, für mich persönlich ausmachen und sicherstellen, dass die Inhalte der gemeisterten Weiterbildung auch in die Praxis, in unserem Fall in die Arbeit beim Kunden, überführt werden können.

Definitionen

Die folgenden Definitionen dienen ausschließlich als Kontext dafür, was in diesem Artikel mit diesen Begriffen gemeint ist. Sie sind subjektiv und orientieren sind nicht gänzlich an den allgemeinen Definitionen dieser Begriffe.

Learning Journey – ein strategischer und kontinuierlicher Ansatz zur persönlichen Weiterentwicklung
Weiterbildung – etwas nicht an eine bestimmte Form gebundenes, das einem ermöglicht, Neues zu lernen
Prinzip – ein allgemeingültiger Grundsatz (auf dem eine Logik aufgebaut ist)

Let`s get started!

Backlog

Ein Backlog dient hierbei als “Abstellplatz” für alle möglichen Zertifizierungen, Ausbildungen, Kurse, Webinare, etc. die mich interessieren und von denen ich glaube, sie irgendwann mal zu machen bzw. an diesen teilzunehmen. Bevor man den Backlog befüllt, sollte man tief in sich hineinhören und sich fragen: “Welche Weiterbildungen interessieren mich denn eigentlich?” Grundlegend kann man anfänglich einfach alles hineinschmeißen, was einem einfällt und das ganze als eine Art Brainstorming betrachten. Das einzige, das man in unserem Fall berücksichtigen sollte, ist, dass sich die Inhalte im beruflichen Kontext befinden. Dass man immer schon Klavierspielen lernen wollte gehört bspw. nicht dazu.

Das Wichtige hierbei ist, dass alles was in den Backlog gelangt, von einem selbst kommt und somit die eigenen, subjektiven und persönlichen Interessen widerspiegelt. Er soll mit den Dingen befüllt werden, die man selber gern machen möchte und nicht bspw. mit Dingen, die man mal von anderen aufgeschnappt hat oder die einem aus welchen Gründen auch immer, von wem auch immer nahegelegt wurden. Was hierbei zum Ausdruck kommen soll, ist das von Innen heraus gedacht wird, nicht von Außen nach Innen. Für mich hat sich dies als essentiell bewiesen, wenn es um Motivation und Überzeugung während der Learning Journey geht. Hierüber könnte man noch
eine Vielzahl mehr Worte verlieren, ich glaube aber, das Prinzip kommt rüber. Hierbei möchte ich festhalten, dass ein Backlog für den Start optional und nicht zwingend notwendig ist. Er hilft einen weitreichenderen Blick einzunehmen, da man sich überlegt, welche Weiterbildungen einen generell interessieren. Dies dient als Grundlage um, wie wir im nächsten Absatz genauer beleuchten werden, die Inhalte zu priorisieren und ihnen einen Wert zuzuschreiben. Falls man aber einfach starten möchte und genau weiß, dass es diese eine Weiterbildung gibt, die man schon immer machen möchte, kann man den Backlog auch überspringen.

Kleiner Spoiler: Falls allerdings diese eine Weiterbildung keinerlei Kundennutzen bringt und du sie dort auch nicht einsetzen kannst, wird es doch wieder einen Backlog benötigen.

Priorisierung

Nachdem du deinen Backlog gefüllt hast und dieser zumindest ein paar unterschiedliche Weiterbildungen beinhaltet, macht es Sinn, etwas tiefer hineinzubohren und sich zu überlegen, welcher dieser Inhalte einen mehr und welche weniger interessieren, um somit eine persönliche Priorisierung vorzunehmen. Falls man mit den Details der jeweiligen Weiterbildung noch nicht ganz vertraut ist, empfiehlt es sich, davor etwas zu recherchieren, um ein besseres Bild zu bekommen.

Die Priorisierung soll hierbei nur dazu dienen, sich etwas genauer Gedanken zu machen, wie wichtig einem die unterschiedlichen Inhalte sind – “overthinking” möglichst vermeiden! Hierfür können jegliche Arten und Formen der Priorisierung verwendet werden. Persönlich beschränke ich mich auf die altbekannte high-medium-low Priorisierung.
Auch hier ist es wiederum essentiell, sich die persönliche Priorität zu überlegen – “Wie wichtig ist das für mich selbst?”

Wert zuordnen (optional)

Im letzten Schritt kann man sich zusätzlich zur Priorisierung noch überlegen, welchen Wert diese Weiterbildung für einen persönlich hat. Die Bewertung ist meist nicht nur persönlicher sondern auch emotionaler Natur, da die Frage lautet: “Welchen Wert hat das für mich?” Bspw. kann es sein, dass ein Kurs mit dabei ist, den man schon seit 5 Jahren unbedingt mal machen wollte, aber nie die Möglichkeit hatte. So etwas bekommt in der Regel einen höheren Wert als etwas, das man gestern erst gefunden hat. Der Wert einer Weiterbildung orientiert sich natürlich an mehreren Dimensionen und an dieser Stelle erneut die Erinnerung: Es geht nur darum, welchen Wert du dafür empfindest.
Dies ist eine sehr simplifizierte Beschreibung, wie man Wert zuordnen kann. Da der Schritt aber ohnehin optional ist, macht das nichts. Auch in Sachen Bewertung gibt es diverse Methoden und Ansätze. Mein Ansatz ist eine einfache 1-5 Bewertung, wobei 1 die niedrigste und 5 die höchste ist.

Prinzip #1: Befülle, priorisiere und bewerte den Backlog nur aus deiner persönlichen Sicht (aus dir heraus) gedacht.

Auswahl

Nun kommen wir zu einem wichtigen Teil dieses Artikels – der Auswahl der Weiterbildung, die man als nächstes angeht. Die Dinge die wir oben betrachtet haben (Interesse, Priorität, Wert) sind wenig überraschender Weise auch genau die, die man aus Kundensicht betrachten muss, wenn man den Kundennutzen als Schlüsselaspekt für die Auswahl der nächsten Weiterbildung wählt. Der Hauptunterschied liegt darin, dass es meist einfacher ist, Interesse, Priorität und Wert aus eigener Sicht als aus Kundensicht zu bestimmen. Essentiell ist hierbei, den Kunden mit einzubeziehen. Dies kann auf direkte bzw. indirekte Art erfolgen. Beispielsweise …

Direkt: “Würde es uns helfen, wenn ich diese Zertifizierung mache, in der ich diese und jene Inhalte lerne um diese dann bei uns anzuwenden?”
Indirekt: “Würde es uns helfen, wenn ich mich mit diesen und jenen Inhalte auseinandersetze und diese dann bei uns zum Einsatz bringe?”

Der Fokus bei der direkten Art liegt auf der Zertifizierung, bei der indirekten auf den Inhalten. Für mich hat sich zweiterer Ansatz bewährt, in dem ich versuche durch gezielte Fragen herauszufinden, ob bspw. die Inhalte einer Zertifizierung für den Kunden interessant sind und ob diese folglich auch zum Einsatz kommen können. Man könnte hierüber mehrere Seiten schreiben, wie man am besten herausfindet, ob eine Weiterbildung Kundennutzen liefert oder nicht. Beschränken wir uns hier wiederum auf Simplizität. Wichtig ist es Antworten auf die folgenden drei Fragen zu bekommen – wie man das erreicht, sei jedem selbst überlassen:
1. Braucht das der Kunde? (Interesse)
2. Welche Priorität hat das für den Kunden? (Priorität)
3. Wie wertvoll wäre es, wenn das beim Kunden zum Einsatz kommt? (Wert)

Prinzip #2: Beziehe den Kunden immer mit ein, wenn es darum geht, herauszufinden, was für ihn wichtig ist, welche Priorität es hat und wie wertvoll es für ihn ist.

Da wir nun sowohl unsere persönliche Priorisierung und Bewertung der für uns interessanten Weiterbildungen als auch die des Kunden haben, kommt der letzte Schritt der Auswahl:

Wo liegt die stärkste Synergie?

Anders formuliert, wo liegt die stärkste Überlappung von Priorität und Wert zwischen dir und dem Kunden? Auch hier haben wir wieder ein essentielles Element dieses Artikels vorliegen, da es meine überzeugte Meinung ist, dass immer Synergie vorherrschen muss, damit sowohl ich als auch der Kunde glücklich sind.

Wenn eine Weiterbildung nur für mich interessant, prioritär und wertvoll ist, allerdings nicht für den Kunden, werde ich das Gelernte nicht zum Einsatz bringen können, bleibe somit in der Theorie stecken und mir entgeht der gewichtigste Teil des Lernens – das in die Tat (Praxis) umsetzen.
Umgekehrt bleibt auch ein Großteil der “learnings” auf der Strecke, wenn etwas zwar für den Kunden wichtig ist und ich es dort einsetzen kann, mich aber die Inhalte einfach nicht interessieren und ich mich bewusst oder unbewusst während der Aneignung und Anwendung dieses Wissens innerlich dagegen sträube.

Prinzip #3 SYNERGY IS KEY

Planen

Ab hier haben wir den ersten der beiden Kernelemente dieses Artikels behandelt, nämlich den Kundennutzen und widmen uns in weiterer folge der Learning Journey, wobei wir uns die erste Phase der Learning Journey genauer anschauen und den kontinuierlichen Teil der Learning Journey erst zum Schluss des Artikels kurz beleuchten.
Disclaimer: Eine Learning Journey ist grundlegend an keine spezifische Form, Methode, etc. gebunden. Es gibt diverse Ansätze, wie man eine Learning Journey gestalten kann, wobei alle ihre Vor- und Nachteile mit sich bringen. Mein Ansatz orientiert sich einer spezifischen und für mich bewehrten Form, welche diese in eine erste Phase und eine kontinuierliche Phase aufteilt. Das Grundgerüst der ersten Phase baut darauf auf, dass der Zeitrahmen (time) fixiert ist und der Inhalt (scope) stets variabel bleibt.

Deadline bestimmen (top-down)

Das bestimmen einer Deadline sorgt dafür, dass man einen fixen zeitlichen Rahmen für die erste Phase der Learning Journey setzt. Das Endziel ist hierbei bspw., die Prüfung der Zertifizierung bestanden zu haben – auf Kurse bezogen wäre es der Abschluss des Kurses, etc.
Der Grund hierfür ist, dass unter Berücksichtigung der eigenen Priorität und des Wertes der Weiterbildung, sowie die des Kunden, eine gewisse Kritikalität vorherrscht. Konkret: Es besteht eine Notwendigkeit, die theoretischen Lerninhalte in der Praxis anzuwenden. Welche dies genau sein werden, ist davor schwer auszumachen. An dieser Stelle könnte man behaupten, dass man über den Kunden herausfinden kann. Ja und nein. In der Produktentwicklung ist es bspw. allgemein bekannt, dass der Kunde nicht genau/nicht wirklich weiß was er braucht, auch wenn er das Gegenteil behauptet. Dies ist stark simplifiziert und öffnet den anfänglich genannten Interpretationsspielraum, welcher bewusst gewählt wurde. Um dies zu Veranschaulichen: Wenn ich als Installateur gerufen werde, um einen Wasserschaden zu stoppen, weiß ich nur, dass es sich um einen Wasserschaden handelt. Der Kunde will, dass der Wasserschaden behoben wird. Welches Werkzeug ich aber konkret brauche, um diesen zu beheben, finde ich erst vor Ort heraus. Daher nehme ich statt einem Werkzeug meinen Werkzeugkoffer mit.

Um dies zu gewährleisten, setzte ich mir für den Abschluss einer Weiterbildung immer eine Deadline, die nicht verschoben werden darf. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass es sich nur um die erste Phase der Learning Journey handelt, welche an sich aber immer kontinuierlich ist. Um einem Paradoxon möglichst aus dem Weg zu gehen, welche manche hierbei eventuell vermuten, versuche ich die beiden Teile der Learning Journey abzugrenzen.

Learning Journey erste Phase: Hat als Endziel den Abschluss der theoretischen Weiterbildung. Einsatz des Gelernten in der Praxis ist in dieser Phase unbedingt erstrebenswert und sollte im höchstmöglichen Maße erfolgen, ist für den Abschluss der Phase aber nicht verpflichtend, da hierbei immer Abhängigkeit zum Kunden besteht (Bspw. Kunde hat ein Problem, die Behebung soll allerdings nicht sofort erfolgen, da andere Dinge wichtiger sind).
Kontinuierliche Learning Journey: Hat kein bestimmtes Endziel. Das Ziel hierbei ist, dass erlernte theoretische Wissen kontinuierlich in der Praxis zum Einsatz kommen zu lassen und somit das wahre Potential einer Weiterbildung zu entfalten – den Einsatz beim Kunden. Dies kann zum Teil und sollte falls möglich unbedingt während der ersten Phase erfolgen, erfolgt allerdings zum größeren Teil danach und oft über mehrere Monate bzw. Jahre.

Prinzip #4: Bestimme eine fixe Deadline, bis wann du die Weiterbildung abschließt

Ziele übernehmen

Die Ziele der ersten Phase können als Meilensteine auf dem Weg zur Deadline verstanden werden. Sie leiten sich stets aus den theoretischen Lerninhalten ab und fordern daher, dass man sich erstmal mit diesen auseinandersetzt. Geht es darum eine Zertifizierung zu machen, schaut man sich an, aus welchen Modulen bzw. Kernelementen diese besteht. Diese sind meist in der Beschreibung der Zertifizierung zu finden. Auch bei anderen Formen der Weiterbildung ist dies meist der Fall. Falls nicht, überlegt euch eigene.

Inhalt (scope) bestimmen

Hat man nun die Ziele übernommen, gilt es diese mit Leben zu füllen. Ein ausschlaggebender Faktor ist hierbei, sich nicht nur auf die Unterpunkte der Ziele zu beziehen, die man aus der Beschreibung einer Weiterbildung entnommen hat, sondern den Inhalt darüber hinaus zu individualisieren. Was damit gemeint ist: Schaue über den Tellerrand hinaus. Fülle das Ziel nicht nur mit Inhalten, die essentiell sind um bspw. eine Prüfung zu bestehen, sondern fülle die Ziele mit Inhalten die für dich und den Kunden essentiell bzw. relevant sind. Um den Punkt nochmal zu betonen, da er sehr wichtig ist: Es geht nicht darum, eine Prüfung zu bestehen, einen Kurs abzuschließen, ein Zertifikat in den Händen zu halten, etc. Es geht darum, eine Weiterbildung so zu individualisieren, dass sie den Kunden und dich selbst beinhaltet.

Bsp. Zertifizierung:
1. Ziel
Inhalte für Zertifizierung
Inhalte für mich
Inhalte für Kunde

Prinzip #5: Lerne nicht nur Inhalte die nötig sind, um eine Weiterbildung zu bestehen, sondern darüber hinaus immer auch Inhalte die für dich und den Kunden wichtig sind.

Nachdem man die Ziele mit Inhalt gefüllt hat, kommt ein weiterer wichtiger Schritt: die Kategorisierung des Inhaltes in “must-have” und “nice-to-have”. Um die Flexibilität des Scope sicherzustellen, müssen die Ziele immer Inhalte beider Kategorien enthalten. Für mich hat sich eine 50/50 Verteilung bewährt, da so ein hohes Maß an Flexibilität bleibt. Grund dafür ist: Wenn man die Ziele nur oder mit großteils “must-haves” füllt, gibt es nichts oder wenig, dass man herausnehmen kann, wenn die Deadline näher rückt und man merkt, dass sich irgendwas nicht ausgehen wird. Wir werden etwas später ohnehin die Deadline ein weiteres mal (bottom-up) berücksichtigen, Flexibilität im Scope ist dennoch essentiell. Must-haves sind in dem Fall alle Inhalte, die für die Weiterbildung, den Kunden und dich essentiell und nicht verhandelbar sind. Nice-to-haves sind alle Inhalte, die für die Weiterbildung, den Kunden und dich einen Mehrwert darstellen, allerdings nicht zwingend benötigt werden und auch zu einem späteren Zeitpunkt, falls benötigt, nachgeholt werden können.
Man kann dies mit einem Release vergleichen: Am Tag des Release müssen gewisse Inhalte fertig sein, damit der Release stattfindet. Darüber hinaus gibt es immer auch Inhalte, die nicht zwingend notwendig sind und ggfs. später als “improvements” nachkommen.

Prinzip #6: Um Flexibilität sicherzustellen, müssen deine Ziele immer aus fixen und flexiblen Inhalten bestehen (Scope bleibt variabel).

Zwischencheck (bottom-up)

Nun haben wir sowohl Ziele, als auch fixe und flexible Inhalte. Darauf folgt, was viele aus der Softwareentwicklung kennen und zu lieben oder hassen gelernt haben: eine Schätzung. Doch keine Sorge, es kommen weder Story Points noch, Gott bewahre, Personentage oder ähnliches zum Einsatz. Alles was hier erreicht werden soll, ist auf sein Bauchgefühl zu hören. Das Bauchgefühl ist bekanntlich intuitiv und nicht rational, daher müssen wir uns davor hüten, es “runterrationalisieren” zu wollen. Was ich damit meine ist, es reicht aus, sich die nötige Zeit zu nehmen und mit seinen Zielen und Inhalten auseinanderzusetzen. Die Kernfrage die man sich danach stellen muss ist: “Habe ich das Gefühl, dass sich das wirklich alles bis zur Deadline ausgeht, oder nicht?” Mehr nicht! Die Option besteht natürlich, wenn man bspw. eine Wochenzahl (o.ä.) für das jeweilige Ziel im Kopf hat, diese auch niederzuschreiben, ist aber nicht zwingend nötig. Hier wiederum Achtung: Man beginnt schnell, wenn/dann Annahmen zu treffen, welche meist durch den Wunsch eines positiven Resultats voreingenommen sind. Das dieses Bauchgefühl nicht immer mit der späteren Realität übereinstimmt, kann passieren, aber dafür haben wir die Flexibilität im Scope.

Was, wenn das Bauchgefühl komplett daneben liegt? Ja, kann durchaus passieren, speziell am Anfang, da dieses erst über Erfahrung und vor allem Fehler dazulernt. An dieser Stelle sei kurz bemerkt, was nicht zum eigentlichen Artikel gehört: Worüber wir hier nicht geschrieben wurde ist “Budget”. In unserem Fall heißt das: Wie viel Zeit stecke ich in die Learning Journey? Man könnte sagen: Wir haben ja unseren Learning Friday mit den dafür vorgesehenen Stunden. Ja, wir genießen diesen Luxus und der LF ist mit Sicherheit der Rahmen, in dem man zu einem großen Teil an der Weiterbildung arbeiten wird. Vergesst aber nicht, dass eure Learning Journey auch immer mit für euch wichtigen Inhalten gefüllt ist, die ihr für euch gewählt habt und nicht immer zwingend die höchste Priorität für den Kunden haben, dadurch aber die Learning Journey zu eurer Learning Journey machen. Damit ist gemeint, dass man sich zeitlich nicht nur auf den LF beschränken sollte. Für mich hat sich bewährt: Da es sich um meine Learning Journey handelt, arbeite ich an dieser am LF und darüber hinaus in meiner Freizeit. Wie viel? So viel wie nötig um die Deadline zu halten und somit den nächsten Schritt zu ermöglichen: Einsatz beim Kunden. Die Zeit (Budget), die du für die Weiterbildung investierst, ist natürlich nach deinem ermessen zu wählen.

Das Resultat des Zwischencheck ist ein “ja, geht sich aus” oder “nein, geht sich nicht aus”. Falls hier dein Bauchgefühl mit “nein” antwortet, musst du die Deadline unbedingt hinterfragen. Dafür bietet es sich an, dem Kunden aber auch dir selbst die Frage zu stellen, ob die
Deadline richtig gesetzt wurde, oder man unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse diese anders setzen kann. Es ist meines Erachtens nach kein Verbrechen, eine Deadline zu verschieben, wenn man noch in der Planung ist.
Hat man die Deadline neu angesetzt, bleibt nur noch übrig, sich zu überlegen, wie man denn seine Ziele angehen möchte. Nach einer bestimmte Reihenfolge? Gibt es Abhängigkeiten zwischen den Zielen usw.? Hier empfehle ich pragmatisch vorzugehen: Wenn eine Reihenfolge notwendig ist und Abhängigkeiten bestehen, überlegt euch diese in dem Ausmaß, dass ihr eine Reihenfolge festlegen könnt. Sobald ihr die habt, kommt der letzte Check, bevor es endlich losgeht:
Reiht euren Backlog anhand der Reihenfolge eurer Ziele. Darüber hinaus, innerhalb der Ziele liegen “must-haves” natürlich immer über “nice-to-haves”.

Um das Negativszenario fertig durchzudenken:
Was tut man nun, wenn die Deadline nicht verhandelbar ist? In unserem Fall reduzieren wir den Scope. Hierbei hat man sich selbst einen Gefallen getan, wenn man sich an der 50/50 Verteilung zwischen “must-have” und “nice-to-have” orientiert hat.
Doch wie weit kann oder sollte man den Scope reduzieren? Ich habe vorhin erwähnt, dass der Scope immer variabel/flexibel bleiben muss. Als Minimum an Flexibilität sehe ich eine 75/25 Verteilung.
Was wenn sich 75/25 nicht ausgeht sondern 85/15 oder gar 90/10 rauskommt? Hier kommt man etwas in die Bredouille, oder eben auch nicht. Aus persönlicher Erfahrung müssen bei solchen Learning Journeys Inhalte dabei sein, die nicht zwingend benötigt werden, aber neben der benötigten Flexibilität meist eine Menge Spaß und Wissen mitbringen, auf die man auf keinen Fall verzichten möchte. Wenn man, bevor man seine Reise überhaupt startet, bereits den Großteil der Flexibilität und den Spaß sowie die Möglichkeit mal nach links und rechts zu schauen rausstreichen muss, greife ich zu einem Mittel, das manchen vielleicht als radikal erscheinen könnte. Ich sage die Party ab.
Falls es nicht möglich ist, mit einem Verhältnis von minimal 75/25 zu starten, mache ich die Weiterbildung auch nicht. Rational gesprochen sollte man deshalb nicht starten, da man mit einem zu geringen Maß an Flexibilität in sein Unterfangen startet um die Flut an Annahmen, die man getroffen hat, abzufedern (außer man hat viel Zeit [Budget] in der Freizeit ^^). Aus emotionaler Sicht macht es wenig Spaß, immer nur das zu tun, was man machen muss und nicht auch mal zwischendrin das tun zu können, was man möchte.

Prinzip #7: Die Deadline in Zusammenspiel mit den einhergehenden Inhalten muss ein positives Bauchgefühl bei dir erwecken, ansonsten verhandle die Deadline.
Prinzip #8: Wenn dein Scope ein zu geringes Maß an Flexibilität beinhaltet, sage die Party lieber ab.

Ins “doing” kommen

Wir haben einen priorisierten und bewerteten Backlog mit Inhalten, die Zielen untergeordnet sind. Somit steht alles bereit, um unsere Reise
zu starten. Um zu starten muss man erst mal anfangen. In der Regel mache ich eine Pause nachdem das Planen erledigt ist, um etwas Abstand von der ganzen Vorbereitung zu gewinnen und meine Motivation für das “doing” zu sammeln. Es scheint mir hilfreich, das Ganze etwas sacken zu lassen und nicht Hals über Kopf gleich loszulegen, sobald man mit dem Planen durch ist. Das ist natürlich Geschmackssache und obliegt persönlicher Präferenz. Falls gerade eh schon Learning Friday ist und ihr für heute noch nicht fertig seid, besteht kein Grund, nicht direkt loszulegen.

Inspect and Adapt

Viele kennen es wahrscheinlich als Grundsatz der agilen Softwareentwicklung: Inspektion und Adaptierung oder inspizieren und adaptieren. Hier ist wo die “bottom-up-Intelligenz” zum Einsatz kommt und man kontinuierlich anhand neuer Erkenntnisse seinen Plan inspiziert und ggfs. auch adaptiert. Wir dürfen nicht vergessen, dass unser Plan aus einem großen Haufen an Annahmen besteht und die Entscheidung, ob wir mit diesem starten auf unserer Intuition, unserem Bauchgefühl, beruht. Dieser kontinuierliche Check ist das wichtigste Element auf der Reise hin zur Deadline und der Ort, an dem man seine Einschätzung zur Erreichung der Deadline stetig hinterfragen muss. Die wichtigste Voraussetzung für diesen Check ist, dass du radikal ehrlich zu dir selbst bist und deine eigenen Meinung nicht verzerrst. Man kann sich hier selbst eine Art wöchentlichen Check im Kalender eintragen, damit sichergestellt ist, dass man immer in regelmäßigen Abständen seinen Plan checkt und dies auch nicht vergisst. Falls man genauso überzeugt ist wie davor, die Deadline mit allen sich vorgenommenen Inhalten erreichen zu können, besteht kein Grund zur Adaptierung. Falls die Überzeugung allerdings runter geht, fange an deinen Scope zu kürzen. Konkret passiert das darin, dass du “nice-to-have” Inhalte runterpriorisierst. Eine Möglichkeit ist, je nach dem wie weit deine Überzeugung gesunken ist, manche oder mehrere “nice-to-have`s” des aktuellen Ziels zu pausieren und auf die Seite zu schieben. Konkret heißt das, du arbeitest nicht mehr an diesen, bis sich deine Überzeugung nicht in die positive Richtung entwickelt.

Prinzip #9: Kontinuierliches Inspizieren und Adaptieren sind der Schlüssel zum Erfolg.

Erfolge feiern

Juhu. Ziel 1 ist erreicht. Wie man Erfolge feiert, ist wiederum von Person zu Person unabhängig. Um das Motivationslevel hoch zu halten, ist es allerdings wichtig. Meine Empfehlung: Tut es – wie auch immer.
Jedes erledigte Ziel bedeutet gleichzeitig, dass ein “release” möglich wäre. Ihr habt ein Ziel erreicht, welches aus diversen Inhalten bestand. Könnt ihr diese oder etwas davon bereits zum Einsatz bringen? Falls die Möglichkeit besteht, sollte man diese unbedingt nutzen. Zum einen ermöglicht ihr euch, bereits mit dem Transfer aus Theorie in Praxis zu beginnen und erweitert euer Gelerntes um ein Vielfaches, zum anderen, könnt ihr bereits Erfahrungen machen und Feedback von Kundenseite einholen.

Bspw. bildet ihr euch in einem Tool weiter und habt euch als Ziel eine bestimmte Funktion davon beigebracht. Beim Kunden kommt ihr allerdings drauf, dass es innerhalb dieser Funktion diverse Möglichkeiten gibt und eine, die ihr noch gar nicht kennt, für den Kunden besonders interessant wäre. Daraus könnte sich ein neues “must-have” für eure Learning Journey ergeben. Ja, das Beispiel hinkt wahrscheinlich in der einen oder anderen Hinsicht, was damit aber zum Ausdruck kommen soll ist, wenn ihr eines eurer Ziele erreicht habt und die Inhalte bereits zum Einsatz bringen könnt: Tut es. Ihr werdet dadurch lernen und eventuell herausfinden, wo ihr euer Wissen noch vertiefen könnt.

Früher oder später kommt der große Tag an dem ihr die erste Phase eurer Learning Journey beendet. Im Idealfall liegt dieser vor oder spätestens am Tag der Deadline. Falls nicht, habt ihr wahrscheinlich dennoch einiges für eure nächste Planung gelernt. Eventuell habt ihr eine Prüfung geschrieben, die letzte Veranstaltung eines Kurses besucht, etc. Wie es auch sei, falls ihr eure Weiterbildung positiv abgeschlossen habt, fühlt ihr wahrscheinlich eine Menge Dopamin in euch, das raus will. Viele nennen das FEIERN!

Die Reise hört nie auf

Wir haben unsere Learning Journey so gestaltet, dass wir den Kunden von Anfang an mit einbezogen haben und dadurch sichergestellt, dass unsere Weiterbildung für ihn einen Nutzen bieten und darüber hinaus für uns einen zusätzlichen Nutzen bietet, da wir das Gelernte beim Kunden zum Einsatz bringen können. Win-Win-Situation. Wir haben danach die erste Phase unserer Reise geplant und folglich die Reise bestritten – hoffentlich erfolgreich. Was nun bleibt, ist der wahrscheinlich wichtigste Inhalt einer Learning Journey – sie kontinuierlich zu machen. Wie man dies gestaltet, ist nicht mehr Teil dieses Artikels. Für mich hat sich diesbezüglich erwiesen, dass dies keine Planung, Methode oder ähnliches nötig hat, zumindest solange wir über die gleiche Learning Journey reden. Anders ist es natürlich bei einer neuen Learning Journey.

Hierzu interessieren mich besonders die Meinungen derjenigen, die einen Weg gefunden haben, theoretisches Wissen kontinuierlich in der Praxis zum Einsatz zu bringen, nachdem sie eine Weiterbildung abgeschlossen haben. Was ist euer Schlüssel zum Erfolg?

geschrieben von:
Leo
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